deutscher landschaftsarchitekturpreis 2021

E s s a y

durch heiße Sommer und Bodentrockenheit inzwi schen eine Ahnung davon bekommen. Es trifft zu allererst die armen Länder des globalen Südens, die aufgrund von Dürre Hunger leiden, aufgrund von Überschwemmungen in ihrer Existenz bedroht sind. Ja, es gibt eine Umweltbewegung und Fridays for Future ist eine junge, weltweit vernetzte und wichtige Bewegung. Sie hat in den vergangenen Jahren klar gemacht, dass es längst nicht mehr fünf vor zwölf ist, inzwischen ist es mindestens fünf nach zwölf. Und so gibt es seit Jahren Kli maforscher, Klimakonferenzen, Klimaziele. Aber es gibt auch zum Beispiel Donald Trump, der gern wieder Präsident der USA werden möchte und die Klimakatastrophe zu einer „Er fi ndung der Chine sen“ degradiert hat. In Brasilien lässt Präsident Jair Bolsonaro Umweltagenturen schließen und ebnet industriellen Großprojekten im Amazonas Regenwald den Weg. Die weitere Abholzung der Regenwälder ist offenbar nicht zu stoppen. In der internationalen Politik ist durch Corona und den Krieg Russlands gegen die Ukraine die Klimakrise wieder völlig in den Hintergrund gerückt. 100 Mil liarden Euro werden allein in Deutschland für die Aufrüstung der Bundeswehr bereitgestellt, die es so für die Klimapolitik nie gegeben hat. Für nach haltig halte ich das nicht. Aber wir dürfen nicht defätistisch sein, den ke ich. Viele Menschen haben begriffen, dass wir gefordert sind, die Mitwelt zu erhalten – für uns und die nachfolgenden Generationen. Ich denke, tief in uns allen steckt eine Sehnsucht nach dem Paradies. Ganze Urlaubskataloge werben damit, zumindest auf Zeit mal das Paradies zu erleben. Wir werden das auf Erden aber nie vollkommen erreichen. Das ist auch die biblische Botschaft, aber eben auch sehr menschlich. Der Schrift

steller Wladimir Kaminer hat einmal in einer Kin derbuchreihe die Vertreibung aus dem Paradies beschrieben. Da steht Adam am Tor, blickt zurück und denkt: „Naja, nur dasitzen, sich die Früchte in den Mund fallen lassen und Gott loben, war ja auch ein bisschen langweilig.“ Das hat mir sehr einge leuchtet. Der Mensch braucht Herausforderungen, wir wollen gestalten. Das Paradies ist schön, mal zwei Wochen im Urlaub. Aber auf Dauer gestellt wollen wir es wohl eher nicht. Wir wollen gestalten, etwas unternehmen, Energie darauf verwenden, dass unsere Welt zu kunftsfähig ist. Und das ist wunderbar. Der Mensch ist kreativ, setzt also die Schöpfungsleistung Got tes fort, ist Co-Kreator. Wir können anders leben, das haben wir in der Coronazeit doch gelernt. Ich möchte die Krise der Pandemie nicht kleinreden. Wenn überhaupt etwas Gutes daran war, dann die Erfahrung: Es geht auch ohne weite Flugreisen. Wir können die Gegend, in der wir leben, erkun den. Mit meinem Partner habe ich beispielsweise die „Zwanzig schönsten Wanderungen rund um Hannover“ erforscht und damit so manches, was mir unbekannt war. „Weniger ist mehr“ war viele Jahre ein Slogan oder auch die Rede von einer „Ethik des Genug“. Vielleicht hat die Krise uns das gelehrt: Es geht mit weniger. Bescheidenheit und Demut sind in der Tat Tugenden, die das Leben tiefer gehen lassen als das ständige „schneller, weiter, mehr und noch mehr“. Der erste Preis ist ein wunderbares Zeichen dafür. Der Westpark in Augsburg, der der Stadt nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte zurückgegeben wurde, ist heute eine Parkland schaft. Wie sehr brauchen wir solche Räume. Gerade in Coronazeiten ist uns das bewusst ge worden. Für mich steht das Projekt symbolisch

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